Es kommt aus dem Nichts. Ein Lied im Radio, ein glückliches Pärchen oder ein Gedanke – dir steigen die Tränen in die Augen und dein Kind schaut dich fragend an. In diesem Moment fühlst du dich zerrissen zwischen deinem eigenen Schmerz und dem Bedürfnis, stark zu sein. Die Trennung tut weh, dir geht es schlecht, und trotzdem musst du jeden Tag funktionieren, lächeln, weitermachen. Das kostet unglaublich viel Kraft.

Dieser innere Konflikt zehrt an deinen Kräften. Darfst du deinem Kind deine eigenen Gefühle zeigen? Oder lieber nicht, weil es damit nicht umgehen kann und sie dein Kind womöglich zu sehr belastend? Die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen: Weder musst du eine perfekte Fassade aufrechterhalten, noch solltest du dein Kind mit deinen stärksten emotionalen Stürmen überfordern.

Dieser Artikel ist der erste Teil einer dreiteiligen Blogartikel-Serie, die dich durch diese schwierige und schmerzhafte Zeit begleitet. Heute, im ersten Teil, geht es darum, wie du mit deinem Kind über die Trennung sprechen kannst – mit Worten, die ihm Halt geben, ohne deine eigenen Gefühle zu verleugnen.

Mutter und Kind blicken Hand in Hand einem Sonnenuntergang entgegen – Symbolbild für Hoffnung und Neuanfang nach Trennungsgesprächen

Zwischen eigenem Schmerz und Elternrolle: Der emotionale Balanceakt nach der Trennung

„Warum ist Papa ausgezogen?“ „Kommt Papa wieder zurück?“ „Liebst du Papa nicht mehr?“

Diese Fragen treffen dich mitten ins Herz – ausgerechnet dann, wenn du selbst nach den Antworten suchst. Aber du möchtest deinem Kind Halt geben, auch dann, wenn es dir gerade selbst den Boden unter den Füßen wegzieht. Hier sind einige liebevolle Vorschläge, wie du mit deinem Kind sprechen kannst:

Altersgerechte Worte zur Trennung finden: Von Kleinkindern bis Teenagern


Trennung erklären für Kinder von 4-7 Jahren: Einfache Worte für komplizierte Gefühle

„Papa wohnt jetzt in einer anderen Wohnung. Mama und Papa haben sich zu doll gestritten. Aber wir haben dich beide ganz arg lieb. Du kannst Mama und Papa immer lieb haben.“

Eine ruhige Stimme vermittelt dabei mehr Sicherheit als perfekte Formulierungen. Achte darauf, langsam zu sprechen und immer wieder kurze Pausen zu machen, damit dein Kind das Gesagte verarbeiten kann. Kleine Kinder verstehen vor allem das, was sie direkt erleben können – wo Papa jetzt schläft, wann sie ihn wiedersehen, wie der neue Alltag aussieht. Zu viele Erklärungen über die Gründe der Trennung überfordern sie oft. Wiederhole die wichtigsten Botschaften in den nächsten Tagen und Wochen, denn Kinder brauchen Zeit, um solche Veränderungen zu verstehen.

Mit Grundschulkindern (8-12) über Trennung sprechen: Verständlich und ehrlich

„Mama und Papa streiten einfach zu viel. Wir haben’s versucht, aber es klappt nicht mehr zusammen. Das ist überhaupt nicht deine Schuld. Und wir beide haben dich trotzdem wahnsinnig lieb, das ändert sich nie.“

Es ist völlig in Ordnung, wenn deine Stimme dabei zittert oder Tränen kommen. Du zeigst damit, dass Gefühle erlaubt sind, ohne dein Kind mit deiner ganzen Verzweiflung zu überfordern.

Kinder in diesem Alter können bereits Zusammenhänge verstehen und spüren genau, was in dir vorgeht. Sie brauchen konkrete Erklärungen, aber auch Raum für ihre eigenen Fragen. Beantworte diese ehrlich, aber kindgerecht.

Achte auf ihre Reaktionen – manche Kinder wollen alle Details wissen, andere ziehen sich zurück und verarbeiten das Gehörte erst einmal für sich. Rechne damit, dass sie in den kommenden Wochen immer wieder auf das Thema zurückkommen werden.

Das ist ihr Weg, die Veränderung zu verstehen und zu akzeptieren.

Teenagern die Trennung erklären: Offene Gespräche mit 12+ Jährigen

„Ich muss mit dir über etwas Wichtiges reden. Papa und ich… wir schaffen es einfach nicht mehr zusammen. Wir haben wirklich alles versucht, aber manchmal passen zwei Menschen einfach nicht mehr zueinander, egal wie sehr sie es wollen. Das hat absolut nichts mit dir zu tun. Wir haben dich beide sehr lieb und das bleibt auch so. Du musst dich nicht für einen von uns entscheiden oder Partei ergreifen.“

Sei darauf vorbereitet, dass Teenager tiefere Gespräche führen können und auch wollen. Sie stellen möglicherweise direktere Fragen nach dem „Warum“ und können ausführlichere Erklärungen verstehen. Gleichzeitig zeigen sie ihre Gefühle oft anders – durch Rückzug, Wut oder demonstrative Gleichgültigkeit. Lass diese Reaktionen zu, auch wenn sie manchmal schwer auszuhalten sind. Teenager brauchen das Gefühl, dass ihre Meinung wichtig ist und ihre Bedürfnisse in dieser neuen Situation berücksichtigt werden. Beziehe sie altersgerecht in Entscheidungen ein, die sie betreffen, wie etwa die Regelung des Wochenendbesuchs oder die Ferienplanung. Das gibt ihnen ein Stück Kontrolle in einer Situation, die sie nicht kontrollieren können.

4 wichtige Botschaften, die dein Kind nach der Trennung hören muss

Dein Kind braucht jetzt mehr als alles andere Klarheit. Vier zentrale Botschaften solltest du immer wieder aussprechen – nicht nur einmal, sondern regelmäßig, durch deine Worte und dein Verhalten:

„Du bist nicht schuld.“

Kinder übernehmen oft unbewusst Verantwortung für die Probleme der Erwachsenen. Dein Kind fragt sich vielleicht insgeheim: „Hätte ich weniger genervt, wäre Papa vielleicht geblieben?“ oder „Wenn ich bessere Noten hätte, wäre das nicht passiert.“ Wiederhole deshalb immer wieder, klar und direkt: Die Entscheidungen zwischen seinen Eltern haben nichts mit ihm zu tun.

„Wir haben dich beide immer noch genauso lieb.“

Wenn sich Eltern trennen, machen sich Kinder Sorgen, ob sie weiterhin wichtig sind. Dein Kind denkt vielleicht: „Mama ist so oft böse auf Papa. Ist sie auch böse auf mich?“ oder „Papa ist weggegangen. Vielleicht mag er mich nicht mehr.“ Sag deinem Kind immer wieder, dass ihr beide es immer noch genauso lieb habt und für es da seid – egal was zwischen euch Erwachsenen passiert.

„Es ist okay, Papa und Mama gleichzeitig lieb zu haben.“

Dein Kind sitzt oft zwischen den Stühlen und fühlt sich zerrissen. Es traut sich vielleicht nicht zu erzählen, dass es bei Papa Spaß hatte oder denkt: „Wenn ich sage, dass der Nachtisch bei Papa lecker war, verletzt das Mama.“ Oder es verschweigt, dass Papas neue Freundin nett zu ihm war, weil es deine Tränen fürchtet. Sag deinem Kind klar: „Du darfst mir alles erzählen. Ich freue mich, wenn du eine schöne Zeit mit Papa hast.“ Wiederhole diese Botschaft immer wieder, denn dein Kind braucht die Erlaubnis, beide Eltern ohne schlechtes Gewissen lieben zu dürfen.

„So wird dein Alltag aussehen.“

Während deine Welt einstürzt, will dein Kind vor allem wissen: Was passiert morgen? Nächstes Wochenende? An Weihnachten? Die Ungewissheit macht ihm Angst. „Muss ich jetzt umziehen?“, „Darf ich meinen Freunden noch von Papa erzählen?“, „Wer bringt mich morgen zur Schule?“ – Diese scheinbar kleinen Fragen sind für dein Kind riesengroß. Male gemeinsam seinen neuen Alltag: „Hier ist dein Zimmer bei mir, dort bei Papa“, „Mama holt dich montags vom Sport ab, Papa mittwochs“. Ein einfacher Kalender an der Wand, wo ihr zusammen die Tage bei Mama und Papa eintragt, gibt deinem Kind ein Stück festen Boden zurück.

Grenzen setzen: Welche Trennungsdetails dein Kind überfordern

Während dein Kind bestimmte Botschaften braucht, gibt es andere Themen, die zu schwer für Kinderseelen sind. Folgende vier Bereiche solltest du von deinem Kind fernhalten, auch wenn sie dich selbst stark beschäftigen:

  • Deine Wut und Verbitterung über die neue Partnerin: Selbst flüchtige Bemerkungen wie „Sie ist ja so jung“ prägen sich ein. Dein Kind wird sich schuldig fühlen, wenn es die „Verräterin“ heimlich mag.

  • Finanzielle Sorgen oder Besitzstreitigkeiten: Wenn du sagst „Das können wir uns nicht mehr leisten“, hört dein Kind: „Wegen der Trennung fehlt uns etwas“ – und gibt sich womöglich selbst die Schuld dafür.

  • Juristische Auseinandersetzungen: Gespräche über Anwälte und Gerichtstermine wirken auf Kinder bedrohlich und unverständlich. Diese belastenden Details gehören in Gespräche mit Erwachsenen.

  • Deine tiefsten Verletzungen und Kränkungen: Wenn du all deine Gefühle mit deinem Kind teilst, überfordert es das. Es will dir helfen, kann es aber nicht – und das macht ihm noch mehr Angst.

„Ist sie meine neue Mama?“ – Schwierige Fragen zur Trennung kindgerecht beantworten

Dein Magen zieht sich zusammen, wenn dein Kind von „ihr“ erzählt. Diese Momente tun weh. Trotzdem ist es wichtig, dass dein Kind über alle Teile seines Lebens sprechen kann, ohne Angst haben zu müssen, dich zu verletzen. Hier sind einige Antworten, die dir in diesen schwierigen Momenten helfen können:

*“Warum hat Papa jetzt eine neue Freundin?“*

„Weißt du, wenn Erwachsene nicht mehr zusammen sind, finden sie manchmal jemand anderen, mit dem sie Zeit verbringen möchten. Das hat nichts damit zu tun, wie lieb Papa dich hat. Papa wird dich immer lieb haben, egal was passiert.“

*“Bei Papa ist es viel schöner als bei dir!“*

„Das freut mich, dass du bei Papa eine gute Zeit hast. Was habt ihr denn Schönes zusammen gemacht?“

*“Ist SIE jetzt meine neue Mama?“*

„Nein, Schatz. Sie ist Papas Freundin. Ich bin und bleibe deine Mama.“

Diese Antworten kosten manchmal alle Kraft, die du hast. Nach solchen Gesprächen darfst du dir einen Moment für dich nehmen – geh kurz ins Bad, atme tief durch oder schreib deine Gedanken auf. Die Gefühle, die in dir hochkochen, gehören nicht ins Gespräch mit deinem Kind, aber sie müssen irgendwo hin.

„Mama, weinst du?“ – Wie viel Trauer darfst du vor deinem Kind zeigen?

„Mama, weinst du?“ – Diese Frage trifft dich unvorbereitet. Du wolltest stark sein, und jetzt hat dein Kind dich in einem verletzlichen Moment erwischt.

Viele von uns würden die Tränen schnell wegwischen und ein „Alles gut“ murmeln. Aber dein Kind spürt den Widerspruch zwischen deinen Worten und deinen Tränen. Diese Unstimmigkeit verunsichert Kinder oft mehr als ehrliche Gefühle.

Stattdessen könntest du sagen:

„Ja, ich bin gerade ein bisschen traurig. Manchmal müssen auch Erwachsene weinen, wenn sie traurig sind. Das geht wieder vorbei.“

„Ich vermisse manchmal, wie es früher war. Es ist normal, traurig zu sein, wenn sich etwas ändert. Aber ich bin trotzdem okay.“

Du musst keine Gefühle verstecken, sondern sie so zeigen, dass dein Kind sie einordnen kann, ohne sich verantwortlich zu fühlen. Dein Kind darf sehen, dass du traurig bist, aber es muss gleichzeitig spüren, dass du damit umgehen kannst und es nicht deine Aufgabe ist, dich zu trösten.

Du merkst, dass du dein Kind überforderst, wenn es anfängt, sich um dich zu kümmern: Es versucht, dich zum Lachen zu bringen, wenn du traurig bist. Es erwähnt eigene Probleme nicht mehr. Es fragt ständig „Ist alles okay bei dir?“. Nimm diese Signale ernst und ruf lieber eine Freundin an oder schreib deine Gedanken auf. Deinem Kind kannst du sagen: „Mir geht’s manchmal nicht so gut, aber ich kriege das hin. Ich hab Leute, die mir helfen, da musst du dir keine Gedanken machen.“

Gemeinsam traurig sein: Wenn geteilte Gefühle die Beziehung stärken

Manchmal werdet ihr beide traurig – wenn ihr zusammen alte Familienfotos anschaut, bei der ersten Geburtstagsfeier ohne Papa oder am Abend nach dem Einschlafen-Vorlesen, das früher immer Papa gemacht hat. Diese stillen Momente müssen nicht vermieden werden.

In diesen gemeinsamen Momenten lernst du dein Kind etwas Wichtiges:

  • Gefühle dürfen da sein – auch die schweren
  • Ihr seid mit eurer Traurigkeit nicht allein – ihr habt einander
  • Nicht jeder Schmerz muss sofort „weggezaubert“ werden

Wenn du ehrlich sagst „Ja, ich vermisse das manchmal auch“, schenkst du deinem Kind Erlaubnis für seine eigenen Gefühle. Dein Kind muss nicht stark für dich sein, und du musst nicht perfekt für dein Kind sein. In diesen stillen, ehrlichen Momenten findet ihr beide etwas, das die Trennung nicht zerstören kann: eure Verbindung zueinander – mit allen Höhen und Tiefen.

Kind hält Hand eines Elternteils beim Spaziergang – Sicherheit und Vertrauen beim Gespräch über Trennung vermitteln

Quellen:
Friedrich, S. (2004): Trennung der Eltern: Wie wird sie den Kindern vermittelt und welche Auswirkungen hat dies auf die Trennungsverarbeitung? Dissertation, Eberhard-Karls-Universität Tübingen. Verfügbar unter: https://d-nb.info/973897422/34 [Zugriff am: 21.03.2025].

📚 Lesetipps zur Vertiefung

Teil 2 Dieser Artikelserie (Erscheint Mitte April)

Teil 3 Dieser Artikelserie (Erscheint Ende April)

🌱 Entdecke auf Pinterest, wie du nach der Trennung wieder zu dir findest

📩 Oder abonniere die Soulnotes, meinen Newsletter für deinen Weg durch die Trennung und darüber hinaus. Ich teile regelmäßig Tipps und kreative Schreibimpulse, die dir helfen, wieder festen Boden zu spüren und dein Leben neu zu gestalten. So bekommst du wertvolle Unterstützung direkt in dein Postfach – für ein Leben, das wieder ganz dir gehört.


Im nächsten Teil der Blogartikel-Serie geht es darum, wo Du mit Deinen eigenen Gefühlen hin kannst, wenn sie zu groß werden für Kindergespräche. Denn nur wenn Du selbst ab und zu durchatmen kannst, hast Du auch die Kraft für Dein Kind da zu sein.